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Title
Date(s)
- 2012-09-15 (Publication)
- 2012-06 - 2012-08 (Creation)
Level of description
Item
Extent and medium
digital, Seite 28
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Biographical history
Die Tiroler Tageszeitung (TT) ist die reichweitenstärkste Tageszeitung im Bundesland Tirol. Sie erscheint sechsmal wöchentlich mit acht lokalen Ausgaben: Schwaz, Reutte, Osttirol, Landeck, Kitzbühel, Kufstein, Imst und Innsbruck.
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Scope and content
Suchen, finden, klopfen - die „Stoasucher“ sind in den Bergen ständig auf der Suche nach dem nächsten Bergkristall. Der Zillertaler Walter Ungerank ist einer davon.; Auf den Stiegen hinunter zu seinem Keller lässt sich noch nichts von dem „Schatz“, wie Walter Ungerank aus Aschau im Zillertal seine Mineraliensammlung bezeichnet, erahnen. Als er jedoch die Tür zu seinem Kellerraum öffnet und das Licht einschaltet, werden seine Schätze sichtbar: Weiße Bergkristalle, schwarzer Rauchquarz, grüner Granat, violette Zepter-Amethyste und dunkelgrüne Smaragde - alle in Glasvitrinen aufbewahrt. Insgesamt hat der 63-Jährige etwa 3000 Steine zusammengetragen. Er ist ein „Stoasucher“ und kennt die Zillertaler Berge wie seine Westentasche.; „Angefangen hat alles als zehnjähriger Bub, als mich mein Vater zu seinem Steinsucher-Kollegen mit nach Hause genommen hat“, erinnert sich der gebürtige Matreier (am Brenner). Dieser hatte nämlich eine Mineraliensammlung, die das Herz Ungeranks höher schlagen ließ. „Ich dachte damals, der muss der reichste Mann der Welt sein“, sagt er lachend. Ab dem Zeitpunkt begleitete er den Steinsucher mit Hammer und Stemmeisen ausgerüstet auf seiner Schatzsuche.; Und dabei ist vor allem eines wichtig: „Man muss die Steine lesen können“, sagt der „Strahler“ - wie Steinsucher in der Schweiz genannt werden. Auf den Steinen befinden sich nämlich Spuren zu den wertvollen Mineralien. „Wenn ein Stein eine grüne Ader hat, dann ist das ein Hinweis auf einen Malachit“, weiß der Zillertaler. Entdeckt man hingegen eine Quarzader, an deren Ende sich ein Loch befindet, ist die Chance groß, einen schönen Bergkristall zu finden.; Gefunden hat Ungerank in seiner Karriere als Hobby- Steinsucher aber nicht nur Mineralien. Erst vor zweieinhalb Wochen ist er auf einen makaberen Fund gestoßen. „Als ich auf dem Schlegeiskees im hinteren Zillertal unterwegs war, habe ich Kleider und Knochen gefunden“, erzählt der ehemalige Agrartechniker. Er packte die Sachen in seinen Rucksack und ließ sie von der Gerichtsmedizin Innsbruck untersuchen. Zu diesem Zeitpunkt nahm man an, dass die Funde zu einem seit 1984 abgängigen deutschen Bergsteiger gehören. Doch das Ergebnis der Untersuchung war ein anderes: Die Knochen waren eindeutig einem Tier zuzuordnen. Wem die Kleider einmal gehörten, ist unbekannt. „Irgendwann finde ich vielleicht den ‚Zilli‘“, lacht Ungerank und spielt auf die Gletschermumie „Ötzi“ an.; Alte Funde hat Ungerank immerhin schon gemacht. Auf dem Schlegeiskees entdeckte er vor elf Jahren Werkzeuge aus der Steinzeit. „Die sind über 8000 Jahre alt“, sagt er stolz. Zum Vergleich: „Ötzi“ ist 5300 Jahre alt. Dieses steinalte Werkzeug konnte man unter anderem unlängst bei seiner Ausstellung im Europahaus in Mayrhofen sehen. Der Steinsucher selbst erzählte den Besuchern die Geschichte, die hinter jedem Stein steckt: Wo er ihn gefunden hat, wer dabei war und wie sich der Stein zusammensetzt. Zum Beispiel ist Chrom für die grüne Farbe, Eisen für die violette Farbe im Stein verantwortlich.; Sein Wissen über die heimischen Mineralien schätzt auch die Wissenschaft, wie etwa das Landesmuseum und das Institut für Archäologie an der Universität in Innsbruck. „Wir arbeiten eng zusammen. Wenn sie Fragen haben, stehe ich gerne zur Verfügung. Außerdem sind Teile meiner Sammlung im Landesmuseum zu sehen“, sagt Ungerank.; Dass das Steinsuchen auch gefährlich sein kann, musste der Zillertaler vor acht Jahren am eigenen Leib erfahren. Damals war er mit zwei Steinsucher-Kollegen im Floitengrund im hinteren Zillertal unterwegs, als sie plötzlich ein Steinschlag überraschte. „Die Brocken hatten einen Durchmesser von eineinhalb Metern. Mir ist fast das Herz stehen geblieben“, erinnert sich Ungerank. Passiert ist zum Glück nichts, die Männer konnten sich in Sicherheit bringen.; Bis heute ist Ungerank auf der Suche nach dem nächsten Bergkristall. Dabei geht es für ihn aber nicht vorrangig um den ultimativen Fund. „Ich bin gerne in den Bergen unterwegs. Ich entdecke meine Heimat immer wieder aufs Neue.“;