Stuk 72 - Totschnig mit fast 40 Jahren noch ein echter Ausreißer

Lange hatte Harald Totschnig, seit wenigen Wochen Straßenrad-Pensionist, mit dem langen Schatten seines Bruders Georg zu kämpfen. Er war der Jüngere und der weniger Bekannte, auch nach Schurls Rücktritt (2006) war das so. „Ich habe zu spät angefangen“, resümiert der kleine „Totsch“, der sich mit ähnlichen Qualitäten (am Berg) emanzipierte.; Jetzt, mit 39, ist endgültig Schluss. Die Entscheidung kam spät, angekündigt wurde sie mehrfach. Aber gerade in den letzten Jahren sollte sich bei Harald Totschnig eine Qualität herauskristallisieren, die auf keinem Ergometer erlernbar ist: Mannschaftsführung. Und so trat der Zillertaler beim Aufbau des Teams Radland Tirol in die Pedale, führte talentierte Jungspunde in die Geheimnisse des Radsports ein. Als väterlichen Freund beschrieben ihn Beobachter, der viel zitierte Spirit wohnte der Mannschaft in ne. Auch seine Leistungen konnten sich sehen lassen, am Ende stehen drei ÖM-Medaillen und ein zweiter Platz bei der Fleche du Sud (Luxemburg) zu Buche.; Zumindest in puncto Aggressivität war er seinem erfolgreichen, aber bedachten Bruder Georg wohl voraus. Zu sehen war das letztmals am 4. Juli dieses Jahres, als die Österreich-Radrundfahrt mit einer Etappe von Innsbruck nach Kitzbühel anstand. Kurz nach dem Start war Harald Totschnig ausgerissen, zum Sieg am Horn fehlten ihm „vielleicht zwei Minuten“ und österreichischer Chorgeist. Dass ausgerechnet das Team von Rundfahrtssieger Riccardo Zoidl die Verfolgung angezettelt hatte, wurmte ihn. Beim Gedanken an Frau und Kinder kann der Elektriker aber gut damit leben.; Ob er im Radsport noch einmal unter Strom steht? „Vielleicht fahr’ ich mit Jan Ullrich beim Ötztaler Radmarathon mit. Aber nur gemütlich.“; Steckbrief; Harald Totschnig: geb. 6.9.1974. Wohnort: Mayrhofen.; Partnerin Maria, Kinder Luca (6), Matteo (1).; Teams: Elk (05-09); Radland Tirol (10-13).; Erfolge: ÖM/Straße: Bronze (2006, 2013), Silber (2010). 2. Fleche du Sud (2011, LUX).;