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- 2014-04-22 (Publication)
- 2014 (Creation)
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digital, Seite 3
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Die Tiroler Tageszeitung (TT) ist die reichweitenstärkste Tageszeitung im Bundesland Tirol. Sie erscheint sechsmal wöchentlich mit acht lokalen Ausgaben: Schwaz, Reutte, Osttirol, Landeck, Kitzbühel, Kufstein, Imst und Innsbruck.
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Was passiert, wenn Städter aufs Land ziehen und auf die Ortsansässigen treffen? Unter den neu Zugezogenen finden sich viele konservative Bewahrer, sie wollen in der Gemeinde weniger zulassen als die Eingesessenen. ; Integration einmal anders. Städter treffen auf Ortsansässige. „Wenn sich Gemeinden langsam entwickeln, funktioniert das. Wenn sie explosionsartig wachsen, wird es schwierig“, erklärt Markus Schermer, Agrarsoziologe an der Universität Innsbruck. Die erste Welle der Zuagroasten verbrachte in der Zwischenkriegszeit die Sommerfrische in Stadtnähe. Die Villen der Städter würden noch heute in Igls oder Lans davon zeugen. Die zweite Welle der Zuwanderer legt Schermer in die 60er-Jahre. Gemeinden wie beispielsweise Lans hätten damit eine lange Tradition der Zuwanderung von Städtern und hätten sich langsam entwickelt. Zwischen 2007 und 2012 sind 303 Menschen nach Lans gezogen, ein Drittel davon aus Innsbruck. In Zirl waren es mit 3070 zehnmal so viele (siehe Artikel unten). Gemeinden wie Telfs hätten auf explosionsartiges Wachstum gesetzt, um Ertragsanteile für die Gemeindekasse zu lukrieren. „Entsprechende Umwidmungen von landwirtschaftlicher Fläche waren die Folge“, sagt Schermer. Eine Entwicklung, die es in der gesamten Inntalfurche zu beobachten gebe. „Die Bauern fühlten sich von den Städtern überfremdet.“ Noch dazu findet laut Schermer ein Strukturwandel in der Bauernschaft statt. ; Unter den Zuagroasten finden sich viele konservative Bewahrer. Sie haben gutes Geld für ihr Haus im Grünen ausgegeben und jetzt wollen sie, dass es dort auch grün bleibt. Touristische Weiterentwicklung, Gewerbegebiet, Eliteschulen - das muss nicht unbedingt sein. Es reicht der Bürgermeisterlift. Tatsächlich finden sich die grünen Hochburgen in und rund um Innsbruck. Bei den Landtagswahlen 2013 wählten 28 Prozent der Sistranser grün, in Innsbruck waren es 24 Prozent, gefolgt von Aldrans, Axams, Birgitz. Bei der Nationalratswahl hat es nicht viel anders ausgesehen. Für den Politologen Ferdinand Karlhofer besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen Wahlergebnis und Zuzug. Wissenschaftlich belegen lasse sich das nicht. „Aber diese Wählerklientel ist konservativ bewahrend, politisch aktiv. Eingriffe in die Lebensqualität werden nicht hingenommen.“ Die, die die Gemeinden weiterentwickeln wollen, sind eher unter den Ortsansässigen zu finden. ; Mit dem Zuzug in die andere Richtung, nämlich vom Land in die Stadt, beschäftigt sich Schermers Kollege an der Uni, Alan Scott. Zwar sei die Trennung zwischen Stadt und Land noch in den Köpfen verankert, für den Soziologen ist Tirol längst eine Stadt - Tirol City. Der „urbane Typ“ sei in Ischgl oder Mayrhofen, also in Tirols Seitentälern, ebenso zu finden wie in Innsbruck. „Die politische Verwaltung in Gemeinden und Bezirken hält mit dieser Entwicklung nicht mit.“ Für Scott ist ganz klar, in welche Richtung die Reise geht: „Man sollte sich eher Gedanken machen, wie man mit dem Zuzug in die Stadt umgeht. Die Landflucht ist nicht mehr aufzuhalten.“ Die Frage müsse lauten: „Lohnt es sich, die Stadt aufs Land zu verpflanzen?“ Scott legt eine Tabelle nach: Sie zeigt den rasanten Anteil der Verstädterung in den USA, in Australien, China oder Äthiopien. So sei die Zahl der Städter in den USA seit den 50er-Jahren von 64 auf 82 Prozent gestiegen, in Australien von 77 auf 90 Prozent. In Österreich ist demnach die Steigerung moderat: 1950 betrug der Anteil der Städter 64 Prozent, heute liegt er bei 67,5 Prozent.